Sonntag, 15. Dezember 2013

Dicke Luft in Shanghai

Wie versprochen gibt es hier noch eine kleine Nachlese von Fotos von meinem letzten Aufenthalt in Shanghai. Diesmal war es von der Luft her ziemlich heftig; das war wohl auch der Grund, warum ich eine Erkältung samt Husten bekam - der Dreck musste irgendwie wieder raus...

Barbara im Smog in Waigaoqiao, Shanghai
Diese Maske hier ist nur Spaß, ich sah sie herumliegen und habe sie einfach mal aufgesetzt. Bei graugelber Luft, die in den Atemwegen schmerzt, helfen nur richtige Masken.

Die Smog-Werte entwickelten sich vor 10 Tagen langsam von unhealthy über very unhealthy bis hin zu hazardous, also richtig gesundheitsgefährdend. In Zahlen: Die Luftbelastung der gefährlichen Feinstaubpartikel PM2,5 erreichte den Wert von 602,5 µg/m³. Die von der WHO vorgegebene Sicherheitsrichtlinie beträgt 25...

Wenn man die Menschen fragt, ist das der Preis für die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand. Wie bei uns früher auch... Eine Freundin aus Shanghai hat mir schon vor Jahren erzählt, sie hätten sich an die schlechte Luft gewöhnt. - Nein. Will ich nicht, nein.

Shanghai Bund am 06.12.2013 mit Smog
Der Bund sah fast aus wie früher, die Wolkenkratzer im Hintergrund sah man kaum. ;-)

Am Sonntag, dem 8.12. bin ich dann auch geflohen, auf eine Insel etwas nördlich der Stadt. Chongming liegt an der Mündung des Jangtsekiangs ins Ostchinesische Meer. Die Insel entstand erst vor gut 1000 Jahren durch Ablagerung von angeschwemmtem Schlamm. Sie wird derzeit mit Wohnblöcken und touristisch erschlossen und legt Wert auf Umweltschutz. Es gibt dort einige Naturparks.

Shanghai Chongming - Dongtan Wetland Park


Wir hatten uns für den Dongtan Wetland Park entschieden, also Feuchtgebiete mit angelegten Wegen, die wir mit gemieteten Fahrrädern erkundet haben. Es war schön, ein wenig zu radeln und die Landschaft zu genießen. Außerdem war es sehr leer, wenig Menschen, was mir zur Abwechslung auch gut tat.

Shanghai Chongming - Dongtan Wetland Park
Der Park ist gut erschlossen und professionell aufgezogen. Im Sommerhalbjahr ist er bei Vogelkundigen beliebt, auch viele Zugvögel machen dort Station.

So sehen in China inzwischen Autobahnen und Brücken aus - alles etwas länger und größer.

Shanghai Changjiang Daqiao

Am Tag zuvor hatte ich versucht, möglichst wenig an der Luft zu sein. So habe ich einen Ausflug am Nachmittag zum Jade-Buddha-Tempel gemacht. Ob die Gläubigen wohl für saubere Luft beten?

Shanghai - Jade Buddha Tempel

Auf dem Weg zur Metro fiel mir eine Schlange auf, und neugierig, wie ich bin, habe ich mir das mal genauer angeschaut.


Ganz frisch gibt es da eine Art Dampfnudeln aus Hefeteig. Ein Teil kostet umgerechnet 10 Cent. Sie schmecken relativ neutral, aber durchaus lecker. (Draufklicken vergrößert!)

Hier noch ein Abendessen im Stadtzentrum.

Leckeres Abendessen im Yunnan Gourmet Specialty Restaurant Shanghai
Es gab Gerichte der Yunnan-Küche, der südwestlichen Provinz Chinas mit frischen Pilzen. Vorne links Steinpilze, grüne Paprika und Lilienblüten. Das schmeckte sehr gut.

So ging die Zeit herum, natürlich vor allem mit Arbeiten. In der Fabrik und im Büro war die Luft irgendwann fast genauso dunstig wie draußen.

Und wenn man möglichst wenig raus sollte, gibt es ja noch immer das Hotelzimmer und zum Glück diesmal auch etwas Zeit und Muße, ein Buch zu lesen.

Ich hatte Sternenzimmer und andere Hotelgeschichten vom Schweizer Autor François Loeb dabei, das im Allitera Verlag erschienen ist. Es war mir als Rezensionsexemplar angeboten worden und ich hatte spontan zugesagt, da ich ja viele Wochen im Jahr in Hotels verbringe.

Die Leseecke meines Hotelzimmers mit Loebs Buch Sternenzimmer

Loeb ist bekannt für Surreales, was mir eigentlich ganz gut gefällt. "Das wiederkehrende Moment des fantastisch-grotesken erobert in seinen Geschichten das Geschehen. Seine sprachlich gelungenen Hotelgeschichten sind gut geeignet als „Bettmümpfeli“ mit Gänsehaut-Garantie für kalte Winternächte." So hieß es in der Beschreibung. Und "... in den Eingangsportalen historischer Grandhotels begegnen uns mysteriöse Gäste, geheimnisvolle Empfangschefs, alles verändernde Zeitsprünge bis hin zu surrealen Parallelwelten." Klingt spannend!

Sternenzimmer und andere Hotelgeschichten von Loeb, François
Das Buch besteht aus 28 Kurzgeschichten, die in verschiedenen Hotels spielen, von denen ich aber noch nicht alle gelesen habe. Sie sind meist nur 2 bis 3 Seiten lang und daher ideal als kleines Betthupferl. Teils sind sie aber auch länger, so dass man einen Abend damit verbringen kann. Von meinem - durch den Smog und die Metropole ja auch irgendwie surrealen - Alltag brauchte ich immer einige Minuten, um in die Welt des Buchs zu wechseln.

Von der Sprache her gefallen mir die Texte, sie sind wunderbar, teils altmodisch, formuliert. Vom Inhalt her überraschen sie mich, oft gehen sie harmlos los, spielen mit Erwartungen, sezieren die Gedankenwelt der Erzähler, und explodieren in einem überraschenden Ende. Bei manchen hätte ich mehr erwartet und fühlte mich etwas leer zurück gelassen, andere Geschichten haben mir sehr gut gefallen. Zu viel will ich nicht verraten: Ich finde, es eignet sich gut als Weihnachtsgeschenk nicht nur für Menschen, die viel Zeit in Hotels verbringen und die aus ihrem üblichen Hotel-Trott durch solche phantastische Geschichten ausbrechen möchten.

Als Taschenbuch passt es locker ins Gepäck, es hat einen stabilen Einband und eine Schrift, die ich auch abends noch ohne Lesebrille entziffern kann. Für mich eine optimale Gutenachtlektüre, die ich gerne weiter empfehle.

So ging auch dieser Einsatz vorbei. Diesmal bin ich von Terminal 1 heim geflogen, da gefällt mir die Architektur ganz gut.

Shanghai Pudong Airport Terminal 1
In Deutschland gelandet, hat mich der Gärtner der Spielwiese gleich zu einem Weihnachtsmarkt gebracht und dort mit Glühwein aus fränkischem Rotwein versorgt. So bekam ich also gleich eine Spur Vorweihnachtszeit nachgeliefert. ;-)

So ganz ging dieses Jahr die Adventszeit nicht ganz an mir vorbei, dank der vielen lieben Gastblogger, die mich die letzten Wochen mit Gastbeiträgen versorgt haben. Ein paar folgen auch noch. :-)

8 Kommentare:

  1. Die Arbeitsbedingungen sind teilweise schon extrem!
    Natürlich hast du immer schöne Erlebnisse und Genüsse...Hauptsache, deine Gesundheit leidet nicht zu sehr.

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  2. Die Lebensbedingungen sind auch nicht so idyllisch wie ich das gerne hätte. Ca. 25 Millionen Menschen unterzubringen hat schon fast was von Massenmenschhaltung...

    Ich passe auf mich auf, danke dass Du an mich denkst! :-)

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  3. Hand auf's Herz, Barbara. Ich wäre sofort abgereist. Ich finde, das ist unzumutbar.

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  4. Die Luftverschmutzung sieht ja echt heftig aus. Ob da der Mundschutz überhaupt was hilft?

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  5. @Axel: In D war's zu der Zeit so richtig kalt mit Sturm, das mag ich auch nicht... ;-)

    Aber Du hast schon recht: Der Smog und die Umweltbedingungen sind der Grund, weswegen deutsche Firmen sich immer schwerer tun, Mitarbeiter für China-Einsätze zu gewinnen. Geld zieht da kaum noch, weil keiner weiß, was diese Verschmutzung langfristig mit der Gesundheit anstellt und ob es das wert ist. Das Essen ist ja auch nicht wirklich gesund, die ganzen Pestizide, Kunstdünger, usw.

    Noch schlimmer trifft's Familien: Ich habe auch Bekannte, die wieder nach Deutschland oder USA in die Heimat wollen, weil sie ihre Kinder nicht in China aufwachsen lassen wollen. Über eine Millarde Chinesen wiederum haben fast keine Wahl...

    @Barbara: Es gibt guten Mundschutz mit Filter, der wirklich hilft, allerdings fällt dann das Atmen schwer.

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  6. Ich bin sprachlos. Ich wusste zwar, dass die Luftqualität in China (in den Ballungsgebieten) nicht besonders ist, aber dass es so schlimm ist. Ein ganz schön hoher Preis für den (vermeintlichen?) Fortschritt. Musst du denn nächstes Jahr wieder hin oder war's das erstmal?
    Herzlich Willkommen im trüben Deutschland auf jeden Fall. ;-)

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  7. @kochpoetin: Es ist doch immer nochmal was anderes, wenn man persönliche Berichte liest und nicht nur die Berichterstattung in den traditionellen Medien, stimmt's?! Es ist wirklich heftig, schon lange. Mein nächster Flug ist für 6. Januar gebucht, mal sehen...

    Und danke fürs Willkommen hier. Inzwischen ist das trüb in einigermaßen sonnig geschwenkt und die Luft hier ist wirklich gut. Deshalb genieße ich das Landleben auch so, der Frankenwald ist idyllisch.

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  8. Ich finde die Luftverschmutzung langsam auch zu viel, es ist aber auch schlimmer als das vor ein paar Jahren noch war. Jetzt bin ich in der Schweiz und ich merke wie ich, dank der frischen Luft, wieder durchatmen kann. Dies verstärkt mich in der Überlegung wieder aus China abzuhauen denn wenn die Gesundheit erst mal ruiniert ist, kriegt man die nicht mehr so schnell wieder. Und ich kenne ebenfalls viele langjährige Expats denen es ähnlich geht.
    Schönes Fest zu Hause und einen guten Rutsch.

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